Das Jubiläumsprojekt „Unter Freiburgs Dächern ohne Dach“ mit vielen Veranstaltungen im Juni/Juli 2021 schließt ab mit einer Plakataktion:
Fotos von Wohnsitzlosen / prekär
Lebenden / in Hilfsinstitutionen Tätigen sollen diejenigen sichtbar machen, die man sonst nicht sieht bzw. übersieht.
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200 Plakate in Freiburg vom
06. - 20.08.2021
Zur Zeit lebt Alex in einer Not-WG.
Ein „Zimmer für sich allein“ fehlt ihr sehr.
25 Jahre lang hat Alex als Altenpflegerin gearbeitet, auch in der Psychiatrie, jetzt „geht´s nicht mehr“.
Alex liest viele Bücher, sie ist eine gute Freundin – voll Lebensfreude und großer Wehmut.
„Ich bin die Mutti von der Pflasterstub.“ Biggi hat immer offene Ohren und viel Verständnis. Eine Zeitlang lebte sie in der Notunterkunft Oase, jetzt hat sie eine kleine Wohnung. Mit Hündin Sarah.
Biggi gehört zum Team der Pflasterstub und der Verkäufer*innen des Freien Bürgers.
Über andere Frauen sagt sie manchmal, und das
ist ihr höchstes Lob: „Des ist ´ne ganz Liebe.“
Das ist sie selber auch.
Gerdi ist die gute Fee vom Essenstreff.
Von Montag bis Freitag kommt sie jeden Tag. Zwischen 10.15 und 14 Uhr. Sie spielt „Räuberrommé“ und hilft, wo sie kann.
„Momentan geht’s mir richtig gut. Und zwar seitdem ich hierher komme … Ich kann noch ein bissel was Gutes tun, und wenn ich nur zuhöre.“ Auch Kleidung und Gebrauchsgegenstände besorgt sie und sie backt, wenn gewünscht,
einen Kuchen.
Gerdi hat als Metzgereifachverkäuferin, als
Chefin eines Transportunternehmens, dann als Alltagsbegleiterin gearbeitet. Als Fußpflegerin,
zu der sie sich ausbilden ließ, geht sie nach wie
vor in Pflegeheime. Sie ist nicht reich, sie lebt bescheiden, das Geld ist knapp. Aber es reicht.
Immer wirkt Gerdi aufmerksam, freundlich, zugewandt. Indem sie anderen Hilfe und Zuversicht gibt, wird es ihr selbst leichter und lichter ums Herz.
Johannes arbeitete als Dachdecker, Zimmermann, Schreiner, Koch, Gipser, Stuckateur, Hausmeister und Gärtner. Jetzt bekommt er Hartz IV, im Februar letzten Jahres war er wohnungslos, fand aber einen neuen Unterschlupf, den er selbst instandsetzt.
„Wenn man mit nichts zufrieden ist, ist man der reichste Mann der Welt.“ Immerzu muss Johannes werkeln, basteln, bauen, Altes bewahren, Neues daraus machen, aber vor allem: malen: Er ist von Farben besessen.
Sein Traum: Eine Weltreise mit dem Fahrrad machen und sie finanzieren durch den Verkauf seiner Bilder auf dem Montmartre …
Ab 2011 war sie immer unterwegs. Oft alleine.
Mit einem Gefährten ging sie nach Spanien.
Sie liefen 500 Kilometer von Marseille bis Barcelona. Im Coronajahr lebte Franzi mit ihrem Freund draußen im Wald. Mit vier Isomatten,
vier Schlafsäcken und einer Schlafdecke. Das
war ihr Heim. Mit einer „Kochstelle wie im Mittelalter“: Ein Topf hing über der Feuerstelle. Außerdem gab es einen Kugelgrill! Franzis
geliebte Ratte war auch dabei.
Sie mag die Natur und die Jahreszeiten, wenn
es nicht zu kalt ist und nicht zu stark regnet.
Sie mag es, draußen heimisch zu sein. Ausgesetzt in der Natur ein Zuhause zu haben.
Zur Zeit lebt Franzi wieder mit einem Dach
überm Kopf. Nach wie vor verkauft sie den
„Freien Bürger“, sie hat einen Hund und
einen Job.
Mike arbeitete als Fräser in der Metallbranche, dann kam eine Trennung und wie so oft der Bruch im Leben. Lange hat er „Platte gemacht“. Im Kaiserstuhl. Mit Fahrrad und einem Anhänger war er unterwegs. Nachts schlief er 8 bis 10 Stunden, sein Schlafsack war warm genug, Mike war gut ausgerüstet. Aufenthalte in der Oase und im
Erika-Kramer-Haus. Über die Diakonie fand er
eine Wohnung.
Mike ist Rettungsschwimmer, jetzt macht er
noch eine Ausbildung zum Rettungssanitäter.
Seit ein paar Jahren gehört er zu den „guten Geistern“ der Pflasterstub. „Ich mache ja nicht
nur Theke, ich mach´ ja alles. Ich tu´s Material sortieren, Kleiderausgabe mach´ ich teilweise,
je nach dem, was anliegt.“
Und er kümmert sich um die Gäste. Innerhalb
der Pflasterstub und auf dem Platz hinter der Stadtbibliothek. Schlichtet Streits und hilft, wo
er kann. Gibt praktische Ratschläge und hört zu. „Leider hab ich nicht studiert.“ Sozialarbeit hätte
er gern studiert. Auch ohne Studium arbeitet
er jetzt als Sozialarbeiter.
In seiner norddeutschen Heimat hieß er „der Deichgraf“. Über sein Leben erzählte Berthold viele Geschichten, man wusste nicht, was sich davon wirklich ereignet hat. Auch wussten wir
nie genau, ob er immer noch auf der Straße lebt oder mittlerweile ein Dach überm Kopf hat. Berthold konnte erzählen.
Er hatte kräftig blaue Augen, manchmal war er griesgrämig und jenseits der Sanftmut, aber meistens war sein Verhalten geprägt von großem Charme mit viel Witz und Selbstironie.
In diesem Jahr ist Berthold gestorben. Letztlich
an den Folgen eines früheren Straßenbahnunfalls beim Essenstreff. So viel hätte er noch zu erzählen gehabt. Er fehlt.
400,- Euro Rente bekommt Siggi, die Miete zahlt das Sozialamt. Vor dreieinhalb Jahren hatte er einen Schlaganfall. Hinterm Bromberg machte er eine Zeitlang „Platte“.
Sein Sehnsuchtsort war Kentucky. Gern hätte er die Tochter einer Deutschen und eines amerikanischen Soldaten geheiratet, doch die Verbindung zerschlug sich. Den Cowboyhut trägt er immer noch.
Schon länger haben wir ihn nicht mehr gesehen. Wie es ihm wohl geht?
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